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Shawn Fanning von Napster (2000)
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Shawn Fanning von Napster (2000)
Story

Das Ende der 90er stellte die Musikwelt auf den Kopf

Der Jahrtausendwechsel steht für besonders innovative Musik. Aber der damals 20-jährige Shawn Fanning hat wohl mehr verändert als alle Bands der Zeit gemeinsam. Was ist passiert?

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napster
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napster

Wann wurde die Musikplattform Napster gestartet?

Shawn Fanning wurde am 22. November 1980 in Brockton (Massachusetts) geboren. Schon sehr früh begann er mit dem Computer seines Onkels zu experimentieren und zu programmieren. Seine wenigen, gleichgesinnten Freunde gaben ihm schon bald (wegen seiner wilden Locken) einen Spitznamen, der eines Tages weltberühmt werden sollte: Napster.

Shawn Fanning schrieb sich 1998 an der Northeastern University in Boston ein. Dort traf er Sean Parker. Die beiden Studenten verbrachten ganze Nächte auf der Sache nach technischen Innovationen. Schon bald zeigte sich, dass sie im Bereich der Musik aktiv werden wollten. Napster, also die Plattform, wurde 1999 von Shawn Fanning und Sean Parker gegründet. Die Idee entstand, als Shawn Fanning eine Möglichkeit suchte, Musikdateien einfacher zu teilen und herunterzuladen. Zu dieser Zeit waren digitale Musikdateien im MP3-Format zwar in den USA sehr beliebt, aber das Teilen war schwierig.

Karlheinz Brandenburg
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Karlheinz Brandenburg

Wann wurde das MP3-Format entwickelt?

Tatsächlich war das Dateiformat in den 1980er Jahren vom Fraunhofer-Institut entwickelt worden. Karlheinz Brandenburg, ein deutscher Ingenieur und Wissenschaftler, entwickelte das Konzept des MP3-Formats im Jahr 1987. Brandenburg war inspiriert von der Herausforderung, Audiodaten effizient zu komprimieren, ohne hörbare Verluste zu erzeugen.

In den 1990er Jahren war MP3 zunächst ein Nischenformat, das hauptsächlich von Technikbegeisterten verwendet wurde. Und so konnte Shawn Fanning in den späten 90ern, relativ unbeachtet, eine Software, genauer ein Peer-to-Peer Netzwerk entwickeln, das direkt auf die Musikbibliotheken anderer Nutzer zugreifen konnte. Damit befreite Napster Ende 1999 die erste Genration der MP3-Player aus ihrer Isolation.
 

Heute schon für den 90s90s Countdown abgestimmt?

Internetpräsenz von Napster
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Internetpräsenz von Napster

Was veränderte sich durch Napster?

Napster war revolutionär, da es Musikdownloads unglaublich einfach machte. Innerhalb von wenigen Monaten nach dem Start zog die Plattform Millionen von Nutzern an. Die Software ermöglichte es, kostenlos nahezu jede Art von Musik herunterzuladen. Dies führte zu einer explosionsartigen Verbreitung von MP3-Dateien und veränderte die Art und Weise, wie Menschen Musik konsumierten.

Für viele war Napster eine demokratische Plattform, die Musikliebhabern Zugang zu einer riesigen Bibliothek bot. Relativ schnell änderte sich die Wahrnehmung von Musik. Aus der sündhaft teuren CD wurden kleine, fast schon belanglose Dateien. Die Bereitschaft, für Musik Geld auszugeben, erodierte. Die Musikindustrie reagierte panisch. Andere Unternehmen sahen neue Optionen. Apple-Chef Steve Jobs präsentierte schon 2001 den ersten iPod, also einen MP3-Player.

Metallica
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Metallica

Welche Probleme brachte Napster mit sich?

Die Popularität von Napster brachte schnell rechtliche Probleme mit sich. Die Plattenfirmen sprachen sofort von Musikpiraterie. Napster wurde beschuldigt, massenhaft Urheberrechtsverletzungen zu ermöglichen, da Benutzer urheberrechtlich geschützte Musik kostenlos teilen konnten.
Schon im Dezember 1999 reichte die Band Metallica eine Klage gegen Napster ein, nachdem sie entdeckt hatte, dass ein unveröffentlichtes Lied („I Disappear“) auf der Plattform kursierte. Andere Künstler, darunter Dr. Dre, und große Plattenfirmen folgten.

CDs, Computer
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CDs, Computer

Was veränderte sich im Jahr 2000?

Die Nutzer reagierten um die Jahrtausendwende zunehmend nervös. In einer Ausverkaufsstimmung nahm die Nutzung stark zu. Fans sorgten sich jeden Tag, ob Napster noch online sei. Und hinter den Kulissen waren längst die besten Anwälte beschäftigt, hier einen Riegel vorzuschieben.

Der Verkauf von CDs zeigt eindrucksvoll, was um die Jahrtausendwende in der Musikindustrie passierte. Während bis 1990 die CD keine große Rolle spielte, und zum Beginn des Jahrzehnts 200 Millionen CDs in den USA verkauft wurden, verdreifachte sich diese Zahl bis Mitte der 90s. Bis 1999 ging diese Zahl nochmal deutlich hoch: auf über 950 Millionen verkaufte Musikalben auf CD in den USA im Jahr. Die kleine Silberscheibe, billiger produziert als Vinyl und doch teurer im Verkauf, versilberte den Musikbossen das Geschäft.

Die Musikindustrie feierte den Ausgang des Jahrtausends noch richtig fett, es waren legendäre Partys. Man erwartete, mit Bands wie Linkin Park, Coldplay, Muse, Slipknot, Daft Punk und Blink-182 in den kommenden Jahren richtig fette Gewinne zu machen. Als die Labelchefs 1999 an Sylvester auf die kommenden Jahre anstießen, waren sie unbeirrt. Aber die Realität sah anders aus, oder entwickelte sich anders. Im Januar 2000 waren immerhin schon eine Millionen Nutzer auf Napster unterwegs. Es kann also sein, dass ein paar Musikmanager mit einem Kater aufwachten. Zumal diese Kurve steil stieg. Ein Jahr später waren es 25 Millionen Nutzer im Monat. Man kann sich grob vorstellen, wie viele Musikalben in der Zeit geteilt wurden. Der CD-Verkauf brach schneller ein, als er angestiegen war. Am Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends waren die Verkaufszahlen unter dem Niveau der späten 80er.

napster
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napster

Napster war nicht nur ein technisches Wunder, sondern auch ein Symbol für die Kraft des Internets

Napster war zwar Initiator dieser Veränderung, aber nicht alleine verantwortlich. Im Jahr 2001 entschied ein US-Gericht, dass Napster die Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material stoppen müsse. Dies führte letztlich dazu, dass die Plattform ihre Dienste einstellen musste. Das MP3-Format war dadurch nicht mehr zu stoppen.

Napster war nicht nur ein technisches Wunder, sondern auch ein Symbol für die Kraft des Internets. Passenderweise wurde Napster kurz vor dem neuen Millennium gestartet und läutete so eine frische Zeitrechnung in der Musik ein. Napster hat die Musikindustrie nachhaltig verändert und bewiesen, dass sich Geschäftsmodelle an die digitale Realität anpassen müssen. Obwohl es als illegales Projekt scheiterte, lebt sein Erbe in den heutigen legalen Streaming-Diensten bis heute weiter.

Shawn Fanning ist gut aus der Sache rausgekommen. Er hat noch einige andere Unternehmen gründen und verkaufen können. Sein Vermögen wird heute auf 70 Millionen Dollar geschätzt. Aber seine namensgebenden Haare sind ab, er hat eine Glatze.