Jeff Mills lässt Underground Resistance weiter hinter sich
Der neue Track "Star Child" klingt erneut wie ein Neuanfang. Das macht den DJ in Detroit ein bisschen zum Nestbeschmutzer.
Der neue Track "Star Child" klingt erneut wie ein Neuanfang. Das macht den DJ in Detroit ein bisschen zum Nestbeschmutzer.
Jeff Mills ist eine zentrale Figur der Detroit-Techno-Szene, er begann in den späten 1980ern als Teil von Underground Resistance und wurde in den 1990ern zu einer der Schlüsselfiguren des Minimal Techno. Sein Sound ist oft futuristisch, mit schnellen BPM und präzisen Rhythmen. Jeff Mills hat maßgeblich dazu beigetragen, dass das Underground Resistance-Kollektiv Anfang der 90er Jahre zu einer der wichtigsten Stimmen im Detroit-Techno wurde.
Underground Resistance (UR) ist weit mehr als ein Label – sie sind eine Bewegung. In Detroit haben sie Techno als Mittel des Widerstands gegen soziale Ungerechtigkeit etabliert, inspiriert von Funk, Jazz und der Bürgerrechtsbewegung. Ihr Sound war roh, futuristisch und kompromisslos, geprägt von Acts wie Jeff Mills, "Mad" Mike Banks und Robert Hood. Sie haben Detroit-Techno zurück in die Hände unabhängiger Künstler gelegt und die Stadt als globale Techno-Hauptstadt mitdefiniert. In den USA blieben sie weitgehend im Underground, weil sie sich bewusst gegen die Kommerzialisierung der Musik stellten. Während House und Techno in Chicago und New York in den Mainstream sickerten, hielt Underground Resistance an seiner DIY-Philosophie fest – kein Ausverkauf, keine Gesichter, nur die Musik und die Botschaft. Sie beeinflussten eine ganze Generation von Produzenten und DJs, blieben aber außerhalb Detroits eher ein Mythos als ein Massenphänomen. In Deutschland, speziell in Berlin, fanden sie ihr größtes internationales Publikum. Labels wie Tresor Records und Clubs wie der Tresor wurden zu europäischen Plattformen für den harten, maschinellen Sound aus Detroit. In den 90ern reisten viele Underground Resistance-Künstler nach Deutschland, wo ihre Musik gefeiert wurde, während sie in den USA oft übersehen wurde. Deutschland wurde so zu einer Art zweiten Heimat für Underground Resistance, und ihr Einfluss auf den europäischen Techno-Sound ist bis heute spürbar. Jeff Mills hat in den frühen 1990er Jahren mehrere einflussreiche Alben und Tracks auf Tresor Records veröffentlicht, darunter "Waveform Transmission Vol. 1" (1992) und "Waveform Transmission Vol. 3" (1994). Im Jahr 2000 brachte er auf Tresor eine Techno-Version des Soundtracks zu Fritz Langs Film "Metropolis" heraus. Obwohl er seitdem hauptsächlich über sein eigenes Label Axis Records veröffentlicht, bleibt seine historische Verbindung zu Tresor Records ein bedeutender Teil seiner Karriere.
In den 90ern war das Underground Resistance (UR)-Logo auf T-Shirts ein starkes Statement in der Techno-Szene. Es war nicht einfach nur Merch – es war eine Haltung. DJs und Fans, die UR-Shirts trugen, signalisierten damit ihre Zugehörigkeit zum Underground, ihre Ablehnung des Mainstreams und ihre Unterstützung für das radikale, unabhängige Ethos der Detroit-Techno-Bewegung. Besonders in Deutschland, vor allem in Berlin rund um den Tresor-Club, waren UR-Shirts extrem präsent. Viele europäische DJs trugen sie als Zeichen der Verbundenheit mit der Detroiter Techno-Philosophie. Auch in den USA gab es sie, aber da blieb Underground Resistance eher eine mystische, subversive Kraft, und Merch war schwerer zu bekommen. Bis heute ist das UR-Shirt mit dem ikonischen Logo ein Symbol für echten Techno-Widerstand. Wer es trägt, zeigt, dass er die Wurzeln von Detroit-Techno kennt – und sie respektiert.
Mit seiner unfassbaren DJ-Technik, die ihn als "The Wizard" bereits vor Underground Resistance berühmt gemacht hatte, und seinem futuristischen Sound war Jeff Mills nicht nur stilprägend, sondern auch einer der Köpfe hinter der kompromisslosen, rebellischen Attitüde der Gruppe.
Schon relativ früh spürte Jeff Mills aber, dass sein eigener Weg nicht unbedingt der von Underground Resistance war. Während das Kollektiv weiterhin eine soziale und politische Botschaft in den Vordergrund stellte, zog es ihn mehr in eine abstraktere, futuristischere Richtung. 1992 verließ er Underground Resistance und gründete sein eigenes Label Axis Records, um seine Ideen ohne Einschränkungen weiterzuentwickeln. Sein Sound wurde minimalistischer, noch hypnotischer – Techno als Science-Fiction, als kosmische Reise. Während Underground Resistance weiter als revolutionäre Kraft in Detroit-Techno aktiv blieb, wurde Jeff Mills zu einem globalen Pionier. Sein Track "The Bells" wurde zur absoluten Techno-Hymne, und seine Live-Performances, oft mit einer TR-909, machten ihn zu einer Legende. Er spielte in Kunstgalerien, mit Orchestern, arbeitete an Filmmusik – immer auf der Suche nach der nächsten Evolution des Sounds. Wo Underground Resistance der Widerstand war, wurde Jeff Mills der Visionär. Zwei Seiten derselben Detroiter Medaille. Jeff Mills spricht heute mit Distanz, aber positiv über diese Zeit: "Natürlich gibt es Verbindungen. Es war die Ära, in der wir geboren wurden..."
Seit fast 35 Jahren versucht sich Jeff Mills nun vom Underground Resistance-Kosmos zu entfernen. Wohlmeinende Kritiker attestieren ihm, dass er diesen Schritt längst getan hat. Und für die verbleibenden Underground Resistance-Dogmatiker hat Jeff Mills nun seine EP "Star Child" veröffentlicht. Unsere Empfehlung: das gut acht Minuten lange "Theme From Star Child" - ein lebensfroher Ausflug in die heutige Welt von Jeff Mills. Ein Track ohne politischen Ballast, aber euphorisch tanzbar. Es wird nun endlich Zeit, Jeff Mills als eigenständigen Künstler zu akzeptieren. Auch wenn politische Raver dem DJ erneut vorwerfen, die Underground Resistance-Lehre verraten zu haben.
Die Loveparade ist die größte Technoparade der Welt gewesen. Aber natürlich haben die Macher mal ganz klein angefangen, mit 150 Menschen um genau zu sein. So eine immer größer werdende Parade bringt viel Gutes, aber auch negative Seiten zum Vorschein. Genau darum geht's in "The Story / Loveparade" - erzählt von DJ Anja Schneider. Viel Spaß!
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